Wenn „etwas zu dick“ beim Pferd richtig gefährlich wird
Viele Pferde gelten als „leichtfuttrig“. Ein bisschen kräftiger, ein bisschen rundlicher, „ist halt Typsache“.
Was oft unterschätzt wird: Dahinter kann sich eine ernsthafte Stoffwechselstörung verbergen, das Equine Metabolische Syndrom (EMS).
EMS ist heute eine der wichtigsten Ursachen für Hufrehe und damit für massiven Schmerz und lange Rekonvaleszenzzeiten verantwortlich, was im schlimmsten Fall das Ende der Reitbarkeit bedeutet.
In diesem Beitrag erfährst du:
- Was EMS beim Pferd genau ist
- Welche Symptome du ernst nehmen solltest
- Wie EMS diagnostiziert wird
- Wie ein praxisnahes Gewichts- und Fütterungsmanagement aussieht
- Warum gezielte Gelenkunterstützung, etwa mit Aktivkollagen HORSE, im EMS-Management eine wichtige Rolle spielt.
1. Was ist EMS eigentlich?
Equines Metabolisches Syndrom (EMS) ist eine Stoffwechsel- und Hormonstörung, bei der der Körper deines Pferdes nicht mehr normal auf Insulin reagiert. Man spricht von Insulin-Dysregulation oder Insulinresistenz.
Typisch für EMS:
- Insulin-Dysregulation: Das Pferd braucht immer mehr Insulin, um den Blutzucker zu regulieren.
- Regionale oder generelle Fettleibigkeit: „Cresty Neck“ (Fettkamm am Hals), Fettpolster am Schweifansatz, an der Schulter, über den Rippen.
- Stark erhöhtes Risiko für Hufrehe, oft schon bei scheinbar kleinen Fütterungsfehlern.
Besonders oft betroffen sind sogenannte „thrifty types“ wie Ponys, Robustrassen (Haflinger, Isländer, Tinker, Kaltblüter), Araber und Mustangs. Sie können aus sehr wenig Futter außergewöhnlich viel Energie gewinnen. Eine Fähigkeit, die in moderner Haltung schnell zum Risiko wird.
2. Typische Symptome: Worauf du achten solltest
Diese Anzeichen sollten dich hellhörig machen:
- Deutlicher Fettkamm am Hals („cresty neck“)
- Fettschichten an Schweifansatz, Schulter, über den Rippen; oft „harte“ Fettpolster
- Pferd nimmt extrem leicht zu und sehr schlecht ab
- Hufrehe (akut oder wiederkehrend), feine Ringe in der Hufwand, fühliges Laufen
- Teilweise Leistungseinbußen, schnell aus der Puste
Wichtig: Nicht jedes EMS-Pferd ist massiv übergewichtig. Auch normalgewichtige Pferde mit ausgeprägter regionaler Fettverteilung und Insulinproblemen können EMS haben.
3. EMS oder Cushing (PPID)? – Die wichtigsten Unterschiede
EMS wird häufig mit PPID (Cushing) verwechselt, weil beide Erkrankungen Hufrehe auslösen können und teilweise ähnliche Symptome zeigen. Trotzdem handelt es sich um unterschiedliche Krankheitsbilder.
Typisch EMS:
- Häufig jüngere bis mittelalte Pferde (unter ca. 15 Jahren)
- Leichtfuttrig, Übergewicht, regionale Fettdepots
- Insulin-Dysregulation steht im Vordergrund
Typisch PPID (Cushing):
- Vor allem ältere Pferde (über ca. 15 Jahre)
- Fellveränderungen (langes, teils lockiges Fell, spätes Fellwechseln)
- Muskelabbau, Infektanfälligkeit, evtl. Gewichtsverlust
Es gibt tatsächlich auch Pferde, die EMS und PPID gleichzeitig haben. Eine klare Diagnostik durch die Tierärztin/den Tierarzt ist daher unverzichtbar.
4. Diagnose: Mehr als „das Pferd ist ein bisschen dick“
Ob ein Pferd EMS hat, lässt sich nicht seriös „aus dem Bauch heraus“ entscheiden. Für eine saubere Diagnose braucht es:
Anamnese und klinische Untersuchung
- Gewicht, Fettverteilung, Rehehistorie, Fütterung, Haltung, Bewegung.
Blutuntersuchungen
- Messung von Insulin und Glukose im Nüchternzustand
- ggf. dynamische Tests (z. B. oraler Zuckertest), um die Reaktion auf Kohlenhydrate zu beurteilen
Abklärung von PPID (Cushing), insbesondere bei älteren Pferden
- z. B. ACTH-Bestimmung, ggf. weitere endokrinologische Tests
Erst auf dieser Basis lässt sich ein fundierter Managementplan erstellen.
5. Gewichtsmanagement bei EMS: Die vier Säulen
Das Herzstück jeder EMS-Therapie ist Gewichtsreduktion und eine bessere Insulinsensitivität. Beides erreichst du in erster Linie über Fütterung und Bewegung – Medikamente können unterstützen, ersetzen aber nie ein gutes Management.
Fütterung - Weniger Energie, weniger Zucker, viel Struktur
Ziel der Rationsgestaltung ist klar: Kalorien begrenzen, Zucker und Stärke minimieren, Mineralstoffe sichern.
Wichtige Eckpunkte:
- Heumenge für übergewichtige EMS-Pferde: Das Pferd sollte voluminöse, energiearme Rationen bekommen. Die Energie sollte etwas bei 7% des Erhaltungsbedarfs liegen. Älteres, energiearmes Heu füttern, 1,2-1,5 Kg pro 100kg KGW (Körpergewicht). Dazu Grünmehlpellets oder Esparsettecobs (beides eingeweicht) von 100 - 200g pro 100 kg KGW. Unbedingt zu vermeiden ist eine Eisenüberversorgung. Wichtig ist die Fressgeschwindigkeit herabzusetzen. Dazu bieten sich Äste von Obstbäumen zum Knabbern und zur Beschäftigung an und engmaschige Heunetze oder besser Heutoy. (vgl. S.355 Pferdegesundheitsbuch Dr. med. vet. Beatrice Dülffer-Schneitzer).
- Möglichst zucker- und stärkearmes Heu (NSC < 10–12 %), idealerweise per Analyse abgesichert.
- Kraftfutter kritisch hinterfragen:
Viele EMS-Pferde benötigen bei leichter bis mittlerer Arbeit kein klassisches Kraftfutter, sondern kommen mit ausreichend Raufutter plus Mineralfutter gut zurecht. - Ein zuckerarmes, melassefreies Mineralfutter, ein hochwertiges Protein oder ein Balancer sorgt für die Basisversorgung mit Kollagen, Mineralien und Spurenelementen. Was aufgrund des Zuckergehalts vermieden werden sollte, sind Obst und auch Karotten.
So entsteht eine Ration, die den Stoffwechsel entlastet, ohne das Pferd in einen Mangel zu bringen.
Weidemanagement: Gras ja, aber kontrolliert
Gras ist bei EMS-Pferden kein Tabu, aber ein Risikofaktor, der gut gesteuert werden muss. Gerade junges, stressbelastetes oder „gehyptes“ Gras kann sehr zuckerreich sein.
Typische Stellschrauben:
- Stark begrenzter oder wohldosierter Weidegang, insbesondere im Frühling, Herbst und bei Sonne-Frost-Kombination.
- Einsatz von Fressbremsen (Maulkörben), um die Grasaufnahme zu reduzieren und gleichzeitig Sozialkontakt und Bewegung zu erhalten.
- Weidezeiten eher in den frühen Morgenstunden, je nach Witterung und Grasmanagement, da hier der Zuckergehalt tendenziell niedriger ist.
Das Ziel ist, so viel auf der Weide zu sein wie möglich, aber so wenig Risiko wie nötig dabei einzugehen.
Bewegung: Der natürliche Stoffwechsel-Booster
Ohne Bewegung wird es bei EMS sehr schwer, den Stoffwechsel nachhaltig zu stabilisieren. Training verbessert die Insulinempfindlichkeit und unterstützt die Gewichtsreduktion – natürlich immer im Rahmen der orthopädischen Möglichkeiten.





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